Intime Kommunikation

1. Kapitel: Bettina Brentano

Achim von Arnim war nicht sofort der „Haven“ für Bettinas Gedanken. Wie zerbrechlich die Beziehung zu diesem Zeitpunkt noch war, zeigt sich an Bettinas Reaktion. Empfindlich zieht sie sich in ihr Inneres zurück. Der Vergleich von Entwurf und dem tatsächlich abgesandten Brief erhellt den kommunikativen Umgang mit verletzter Intimität. Zwar sind schon im Entwurf das anfängliche Vermeiden der persönlichen Anrede und der ausdrückliche Verzicht auf weitere Mitteilung deutliche Markierungen einer Distanz. Aber der Grad der Trauer, die sich hier nahezu ungefiltert ausspricht, verweist indirekt auf das Maß an Intimität, die für Bettina verlorenging. Solche Einblicke in ihre Betroffenheit gewährt der Brief nicht mehr.

Der Adressat zeigt sich einsichtig. Am 7. September, noch vor dem Eintreffen von Bettinas Antwort, schreibt er, „manches verbindliche schöne Zwischenspiel über die zerreissende Wahrheit“ übersehen zu haben. Der Brief, der in Kenntnis von Bettinas Reaktion entsteht, will das Geschehene ungeschehen machen:

Ich meinte nur vermuthete nur nach Ausdrücken, wer ist deren Meister in dieser Welt der Mißverständnisse und wer es wäre, der könnte die Welt versöhnen, auch gab ich meine Meinung für nichts mehr aus als Gedanken eines entfernten, dem von einer zerrissenen Lebensbeschreibung einzelne Papiere zuwehen, ich thue was ich kann, ich halte zusammen, aber es bleiben immer Lücken.

Zwei Jahre später berichtet Bettina ihrem künftigen Mann, sie habe eine „Lukretia“ von „Lucas Kranach“ erstanden. An Goethe schreibt sie im Dezember 1809, was sie zu dem Kauf des Bildes bewogen habe, sei „die sonderbare Ähnlichkeit die es mit meiner Freundin Günderrode hatte“. Insgesamt 69 Lucretia-Gemälde werden dem älteren (51) und dem jüngeren (18) Cranach zugeschrieben. Nach den Angaben, die Bettina selbst macht, dürfte es sich bei ihrem Bild um eines der beiden hier gezeigten Gemälde handeln.