3. Kapitel: Karoline von Günderrode
Nur wenige Briefe von Günderrode an Friedrich Creuzer sind überliefert – und wenn überhaupt, dann als Abschriften von Creuzers Ehefrau, Sophie Creuzer. Etwa 100 Briefe von Günderrode an Creuzer sind nicht überliefert bzw. verschollen. In ihren Briefen thematisiert Günderrode ihre innere Unruhe und beklagt die Unzulänglichkeit der Briefform als Ersatz für die Begegnung mit dem Geliebten. Darüber hinaus artikulieren Träume eigene Wunschvorstellungen – die ersehnte Befreiung von äußeren Zwängen: „Der Freund war eben bei mir er war sehr lebendig u ein ungewöhnlich Roth brante auf seiner Wange; er sagte er habe im Morgenschlumer von Eusebio geträumt, wie er ganz mit ihm vereint gewesen u mit ihm durch reitzente Thäler und waldige Hügel gewandelt sei in seeliger Liebe u Freiheit.“
In dem Kommunikationsspiel mit Decknamen wird zwar Intimität erst durch sprachliche Distanzierung angestrebt: „Der Freund war eben hier, er sagte oft schon hätte er Ihnen schreiben wollen […] Es ist sonderbar aber in Gedanken besizt er seinen geliebten Gegenstandt so ganz daß es viele Augenblicke gibt in denen er meint man könne nur so gewis u ausführlich denken was einmal so wirklich würde wie man es dächte.“ So wird das Verhältnis zwischen Günderrode und Creuzer im Grunde zu einem Ideal der sehnsuchtsvollen und leidenden Liebe, das erst durch die Briefform ermöglicht wird und zwangsläufig auch daran scheitert.