Zugedeckt?
Phantasie ist die freie Kunst der Wahrheit
– so umreißt Bettine von Arnim ihr Dichtungskonzept. Das Zitat findet sich in ihrem Erstlingswerk Goethe’s Briefwechsel mit einem Kinde von 1835. Mit diesem Buch wurde die mittlerweile 50-Jährige zwar sehr spät, aber dafür in kürzester Zeit weit über den deutschen Sprachraum hinaus bekannt.
Den Leserinnen und Lesern wird glaubhaft gemacht, dass die Sentenz von der jungen, noch unverheirateten Bettine stammt. Die besondere Pointe besteht darin, dass sie aber erst rund 25 Jahre später von ihr formuliert und niedergeschrieben wurde. So verfuhr die Autorin in allen ihren Werken: Sie gab vor, Briefe, Tagebuchaufzeichnungen oder aus der Erinnerung niedergeschriebene Gespräche aus ihrer Jugendzeit zu publizieren.
Bei näherem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass die vermeintlichen Dokumente nachträglich tiefgreifend überformt, nicht selten sogar vollständig von ihr erfunden worden sind. Bettine von Arnim schafft sich so ihre eigene Wunschautobiografie. Die oftmals banalen Fakten ersetzt sie durch fantasievolle Fiktionen. Ihre Texte führen vor Augen, was hätte gewesen sein können. Auf diese Weise nutzt die Autorin Literatur als einen Möglichkeitsraum, in dem alternative Wirklichkeitsentwürfe erprobt werden.
Das Portrait von Bettine von Arnim wurde von ihren Kindern als Andenken an die verstorbene Mutter angefertigt. Die nächste gesuchte Autorin wurde auf ähnliche Weise mit einem Buch des Andenkens für ihre intellektuelle Arbeit geehrt. Wir suchen nun eine Autorin, die einerseits für ihre Berliner Teegesellschaften bekannt war, sich andererseits aber auch literarisch für gelebte Gleichheit einsetze.