Die Bibliothek war das Arbeits- und Studierzimmer von Goethes Vater. Hier verwahrte er den kostbarsten Teil seiner etwa 2000 Bände umfassenden Büchersammlung. Johann Caspar Goethe, der aufgrund seines reichen Erbes als Privatmann leben konnte, war vielseitig gebildet und wollte auch seinen Kindern eine gute Ausbildung vermitteln. Er schickte sie nur für ein Jahr während des Umbaus auf eine öffentliche Schule – sonst unterrichtete er sie selbst oder engagierte Privatlehrer. Wahrscheinlich fanden die Lektionen hier in der Bibliothek statt. Auf dem Stundenplan standen vor allem Sprachen - Latein, Griechisch, später auf Johann Wolfgangs Wunsch hin sogar noch Hebräisch, sowie Französisch, Italienisch und Englisch. Auch Jiddisch eignete er sich an. Ein deutsch-lateinisches Übungsheft, die Labores juveniles, des 8jährigen Johann Wolfgang ist noch erhalten. Zum Lehrplan gehörten aber auch Fächer wie Geometrie, Geographie, Geschichte, Naturkunde, Schönschreiben, Musik, Zeichnen und Anstandslehre.
Zum Freien Deutschen Hochstift gehört heute eine öffentliche Bibliothek mit dem Schwerpunkt Literatur von 1740-1840, die circa 130.000 Bände umfasst. Über die Bibliothek seines Vaters schreibt Goethe in Dichtung und Wahrheit:
Er besaß die schönen holländischen Ausgaben der lateinischen Schriftsteller, welche er der äußern Übereinstimmung wegen sämtlich in Quart anzuschaffen suchte; sodann vieles was sich auf die römischen Antiquitäten und die elegantere Jurisprudenz bezieht. Die vorzüglichsten italienischen Dichter fehlten nicht, und für den Tasso bezeigte er eine große Vorliebe. Die besten neusten Reisebeschreibungen waren auch vorhanden, [...]. Nicht weniger hatte er sich mit den nötigsten Hülfsmitteln umgeben, mit Wörterbüchern aus verschiedenen Sprachen, mit Reallexiken, daß man sich also nach Belieben Rats erholen konnte, so wie mit manchem andern was zum Nutzen und Vergnügen gereicht.
Goethe: Dichtung und Wahrheit, I. Teil, 1. Buch