Goethe-Haus

Dieser Raum war das Reich von Cornelia Goethe, die nur 15 Monate jünger als ihr Bruder war. Die Geschwister wuchsen eng verbunden wie Zwillinge auf und wurden auch zusammen unterrichtet, was für ein Mädchen jener Zeit ziemlich ungewöhnlich war.

Außer einem Bett muss man sich in dem Zimmer noch einen Schreibsekretär vorstellen, an dem Cornelia ihre zahlreichen Briefe schrieb.

1773 heiratete Cornelia den Rechtsanwalt und Schriftsteller Johann Georg Schlosser, einen Freund ihres Bruders. Sie zog mit ihm nach Emmendingen, einem kleinen Landstädtchen am Rand des Schwarzwalds. Die Ehe verlief unglücklich, und Cornelia verfiel in Depressionen. Im Alter von 26 Jahren starb sie 1777 nach der Geburt ihres zweiten Kindes. Goethe hatte seine Schwester zum letzten Mal 1775 gesehen, als er auf dem Weg in die Schweiz ein paar Tage in Emmendingen Station machte.

Ein schöner Körperbau begünstigte sie, nicht so die Gesichtszüge, welche, obgleich Güte, Verstand, Teilnahme deutlich genug ausdrückend, doch einer gewissen Regelmäßigkeit und Anmut ermangelten. [...]
Ein fester, nicht leicht bezwinglicher Charakter, eine teilnehmende, Teilnahme bedürfende Seele, vorzügliche Geistesbildung, schöne Kenntnisse, so wie Talente, einige Sprachen, eine gewandte Feder, daß, wäre sie von außen begünstigt worden, sie unter den gesuchtesten Frauen ihrer Zeit würde gegolten haben.

Goethe: Dichtung und Wahrheit, IV. Teil, 18. Buch

Der gestrige Abend ist einer von den schönsten meines Lebens gewesen, und wer glauben Sie wohl, der ihn so schön gemacht hat – niemand anders als unser lieber Dümeix der uns in seinem Garten ein vortreffliches Fest gab – Sie kennen den Garten meine theure Freundinn – stellen Sie sich die duncklen, stiilen, einsamen Gänge illuminirt vor – die herrlichste Nacht von der Welt – Musick – ein mit erquickender Speise und Tranck beladner Tisch – ich glaubte in einem bezauberten Schloß zu seyn – wie oft ich Sie und Ihre liebe Max gewünscht habe kann ich nicht sagen – Ihre Gegenwart fehlte noch uns vollkommen glücklich zu machen – Wenn ich fähig wäre mich auszudrücken so wollt ich Ihnen die romantischen Scenen alle beschreiben – wie die Lichter durch die Traubenblätter versteckt waren, und man keines sah, und doch den Schein von allen – wie die Obstbäume von oben herein hingen, und durch die Nacht von außen und die Hellung von innen, in ein ganz sonderbares Licht gesetzt wurden – wie auf dem Baumstück feyerliche Stille herrschte, und die Musick von weitem die angenehmste Würckung that – aber das kann ich nicht, will ich nicht thun – ich würde Ihre Einbilungdkraft mit Bildern beladen die der Sache gar nicht angemessen wären.

Cornelia Goethe an Sophie von La Roche, 12. August 1773 (nach Goethe-Jahrbuch 28)