Romantik-Ausstellung

Hörstücke zu Brentanos Emmerick-Aufzeichnungen

Der Ort des Krippenstandes <S. 160> war eine tief einspringende Seitenwölbung der Krippenhöhle. Die inneren Wände der Höhle waren, wo sie von Natur gewachsen, wenngleich nicht ganz glatt, doch angenehm und reinlich und hatten etwas Anmutiges; sie gefielen mir besser, als wo etwas daran gemauert war; das war plump und rauh.

Die rechte Seite des Eingangs war von unten auf auch ein gutes Stück weit im Felsen, und nur oben scheint es mir gemauert. Da hatte es auch einige Löcher in den Gang.

Der <S. 161> Esel hatte keinen Trog vor sich; es wurde ihm wie ein Schlauch hingestellt oder an die Ecke angehängt. Die Seitenhöhle hinter dem Esel war wohl so groß, daß der Esel darin stehen konnte. Um die Lichtlöcher war die Wand der Höhle etwas glatter gehauen, weil sie von Menschenhänden vollendet schienen.

Als Joseph vorne im Eingang der Höhle in seinem Schlafraum zu beten war, sah er nach dem Hintergrund der Höhle, wo Maria, ihm den Rücken kehrend, kniend auf ihrem Lager betete, das Angesicht gegen Morgen gekehrt. Er sah die Höhle ganz voll Licht ; es war Maria ganz wie von Flammen umgeben, und es war, als sähe er wie Moses in den brennenden Dornbusch hinein. Er sank aber betend auf sein Angesicht und sah nicht mehr zurück.

Ich sah den Glanz um Maria immer größer werden. Die Lichter, welche Joseph angesteckt hatte, waren nicht mehr zu sehen. Sie kniete in einem weiten, weißen Gewand, das vor ihr ausgebreitet war. In der zwölften Stunde war sie im Gebet entzückt. Ich sah sie von der Erde emporgehoben, daß man den Boden unter ihr sah. Sie hatte die Hände auf der Brust gekreuzt. Der Glanz um <S. 157> sie vermehrt<e> sich. Ich sah die Decke der Höhle nicht mehr, es war wie eine Straße von Licht über ihr bis zum Himmel empor. Maria betete aber wieder zur Erde schauend. Da gebar sie das Jesuskind. Ich sah es wie ein leuchtendes, ganz kleines Kind, das heller war als der übrige Glanz, auf der Decke vor ihren Knien liegen. Es war mir, als sei es ganz klein und werde vor meinen Augen größer. Es war aber dieses alles eine bloße Bewegung in so großem Glanz, daß ich nicht weiß, ob ich und wie ich das sah.

Maria war noch eine Zeitlang so entzückt, und ich sah sie ein Tuch über das Kind legen und es noch nicht aufnehmen noch anfassen. Nach einer geraumen Zeit sah ich das Kind sich regen und hörte es weinen. Maria war, als komme sie zu sich. Sie nahm das Kind, <es> mit dem Tuch einhüllend, das sie früher auf es gedeckt, an die Brust und saß verschleiert, ganz mit dem Kind eingehüllt, und ich glaube, sie säugte es.

Es mochte wohl eine Stunde nach der Geburt sein, als Maria den heiligen Joseph rief, der noch immer im Gebet lag. Als er ihr nahte, warf er sich in Andacht, Freude und Demut kniend auf  <S. 158>  sein Angesicht, und Maria bat ihn nochmals, er solle das heilige Geschenk des Himmels doch ansehen. Da nahm er das Kind auf seine Arme.