Autorinnen der Romantik

Aufgedeckt!

Suchen wir heute die Begegnung mit Rahel Levin Varnhagen, so tritt sie uns als geistreiche Salonnière und passionierte Goethe-Leserin entgegen. Doch gibt es zu dieser Romantikerin noch mehr zu sagen. Rahel Levin Varnhagen war eine große Schriftstellerin, schuf aber kein Werk im konventionellen Sinn. Denn ihr Werk besteht aus ganz verschiedenen Aufzeichnungen und vor allem aus Briefen. Diese Briefe bilden nicht nur Varnhagens großes kommunikatives Netz ab, sondern zeichnen sich auch durch eine hohe literarische und intellektuelle Qualität aus.

Die Autorin war sich der Bedeutung ihrer Korrespondenzen wohl bewusst. In den 1790er Jahren führte sie mit David Veit, einem gleichaltrigen Medizinstudenten, einen Briefwechsel, den die beiden als gemeinsames Buch entwarfen. Sie tauschten sich über Kunst, Literatur und Politik aus und interessierten sich für die jüdische Emanzipation und das Verhältnis von Männern und Frauen. Dabei sind für ihre Brieffreundschaft gerade ihre Unterschiede in Lebensführung und Meinungsbildung wichtig – wie Rahel Levin Varnhagen in einem Brief vom Sommer 1795 betont: 

Sie sind anders wie ich. Was denn nun da? Ist es nicht genug, daß wir in so vielen Dingen gleich denken, und immer schnell berichtigen können, sollen sie noch gleich in uns vorgehen? das geht nicht: […] denn mir scheint’s doch, als gingen die Dinge in uns ganz anders, sehr verschieden […]. Daher dünkt mich ist unsere Freundschaft ein wahrer Triumph – der einzig genießbare für mich – das Produkt zweier vereinigt vernünftigen Wesen, die, sie mögen weichen und wandeln, sich unbezweifelt bei der Wahrheit wiedertreffen, wohin sie immer kehren, die sie immer im Ernste suchen.

Varnhagen entwirft hier eine moderne Vorstellung von Freundschaft. Denn nach der Autorin ist die Freundschaft, wenn sie auf Vernunft und Wahrheitssuche gründet, eine gleichberechtigte und geschlechtsübergreifende Beziehung.