Mit einiger Wahrscheinlichkeit war dieses Zimmer der Wohn- und Schlafbereich der Eltern. Sie müssen sich darin noch ein großes Himmelbett mit Vorhängen vorstellen. An die Eltern erinnern die Porträts von Johann Caspar und Catharina Elisabeth Goethe links und rechts der Tür zum Gemäldekabinett.
In einem kleinen Gedicht bezieht sich Goethe auf das Erbe von seinen Vorfahren. Es beginnt mit den Zeilen:
„Vom Vater hab‘ ich die Statur,
Des Lebens ernstes Führen,
Von Mütterchen die Frohnatur
Und Lust zu fabulieren.“
[...] ein zwar liebevoller und wohlgesinnter, aber ernster Vater, der, weil er innerlich ein sehr zartes Gemüt hegte, äußerlich mit unglaublicher Konsequenz eine eherne Strenge vorbildete, damit er zu dem Zwecke gelangen möge, seinen Kindern die beste Erziehung zu geben, sein wohlgegründetes Haus zu erbauen, zu ordnen und zu erhalten; dagegen eine Mutter fast noch ein Kind, welche erst mit und in ihren beiden Ältesten zum Bewußtsein heranwuchs; diese drei, wie sie die Welt mit gesundem Blicke gewahr wurden, lebensfähig und nach gegenwärtigem Genuß verlangend. Ein solcher in der Familie schwebender Widerstreit vermehrte sich mit den Jahren. Der Vater verfolgte seine Absicht unerschüttert und ununterbrochen; Mutter und Kinder konnten ihre Gefühle, ihre Anforderungen, ihre Wünsche nicht aufgeben.
Goethe: Dichtung und Wahrheit, II. Teil, 6. Buch