Romantik-Ausstellung

Philipp Otto Runge widmete sich dem Thema Farbe nicht nur künstlerisch, sondern auch theoretisch. Ältere und neuere Forschung zur Farbe kannte er gut. Seit 1806 stand er mit Goethe im Briefwechsel, der sich bei seinen Versuchen für Spektralfarben interessierte, die durch eine Brechung des Lichts entstehen.

Als Künstler war es Runge ein Anliegen, Malerinnen und Malern mit seinen Überlegungen praktisch zu helfen. Daher untersuchte er vor allem Pigmentfarben, also das konkrete Arbeitsmaterial der Künstler. Die Verhältnisse der Farben zueinander, Harmonie und Disharmonie, interessierte ihn besonders. Um diese umfassend anordnen zu können, erdachte er ein dreidimensionales Farbenmodell. Im Frühjahr 1810 konnte er seine Farben-Kugel oder Construction des Verhältnisses aller Mischungen der Farben zu einander nach jahrelanger Arbeit veröffentlichen.

Runge setzt seine Farben-Kugel in Beziehung zur Erdkugel, wenn er zum Beispiel vom Äquator und von Erdpolen spricht. Die drei Farben Blau, Gelb und Rot sind im gleichen Abstand auf dem Äquator angeordnet. Zwischen ihnen liegen die Mischfarben Grün, Orange und Violett. Weiß und Schwarz ordnet Runge den Polen zu: Von jeder Farbe aus kann es nun Mischungen in alle Richtungen geben, nach oben geht es in die Helligkeit und nach unten in die Dunkelheit. Schließlich ist auch eine Bewegung in das Innere der Kugel vorgesehen: Hier ist nach Abstufungen im Mittelpunkt ein reines Grau zu finden. Runges erläuternde Farbtafeln werden in dieser Station durch ein räumliches Modell ergänzt.

Einerseits schuf Runge sein Farbsystem mit mathematischer Genauigkeit, andererseits ließ seine Theorie auch emotionale Aspekte zu. Farben stehen in „Neigung“ oder „Feindschaft“ zueinander, Weiß und Schwarz sind „Licht“ und „Finsternis“ vergleichbar. Die Wirkung von Farben ist für Runge, ähnlich wie in Goethes ganzheitlichem Ansatz, weder allein wissenschaftlich noch allein handwerklich zu erfassen. Goethes eigenhändiges Farbkreis-Aquarell ist in der Station ebenfalls zu sehen. Hier hat Goethe den einzelnen Farben menschliche Eigenschaften und den Farbverläufen bestimmte Bereiche des Geistes- und Seelenvermögens zugeordnet.

Im Frühling 1810 schickte Goethe seine zweibändige Farbenlehre an Runge. Im didaktischen Teil seines Werkes ist ein Brief des Künstlers in Teilen abgedruckt. Runge konnte seine Erkenntnisse zu den Farben nicht mehr in weitere Gemälde einfließen lassen, da er im Dezember 1810 mit gerade 33 Jahren verstarb. Doch machte er mit seinem Kugel-Modell anschaulich, dass es für ihn die Farben sind, die die Welt tragen und den Kosmos bilden.