France Prešeren und die slowenische Romantik
Allen Hindernissen zum Trotz fanden Schriftstellerinnen und Schriftsteller immer einen Weg zu denen, die ihrer Worte bedurften. Ungeachtet aller geografischen Barrieren, die ihre Heimaten trennten, kannten die Humanisten einander. Ähnlich verhielt es sich bei den Romantikern.
Prešerens Opus und seine schriftlichen Hinterlassenschaften offenbaren sein Wissen über die Werke vieler literarischer Vorbilder, die Maßstab für den Wert seines eigenen Schaffens waren. Beträchtlichen Anteil an der Erweiterung seines literarischen Horizonts hatte Matija Čop, ein ehemaliger Universitätsdozent in Lemberg, der die Leitung der Lyzeums-Bibliothek in Ljubljana übernommen hatte. Čops plötzlicher Tod im Juli 1835 nahm Prešeren sehr mit: Er widmete dem verstorbenen Freund sofort eine Elegie auf Deutsch, in der er auch seine von Schellings Philosophie geprägte Weltanschauung zum Ausdruck brachte, und dann auch Krst pri Savici (Die Taufe an der Savica), seine im April 1836 veröffentlichte „Erzählung in Versen“. Prešeren versuchte nicht, ein Epos zu schaffen, sondern griff auf die Form der narrativen Poesie zurück, die mit Byron aktuell geworden war und auch viel Raum für lyrische Inspiration ließ.
Den tschechischen romantischen Dichter Karel Hynek Mácha kannte Prešeren persönlich und Adam Mickiewicz, den wichtigsten Autor der polnischen Romantik, würdigte er, indem er einige seiner Verse ins Deutsche übersetzte. In einem seiner Sonette – er hinterließ es sowohl in slowenischer als auch in deutscher Fassung – verglich Prešeren sein Leiden mit dem, das Friedrich Schiller in der bekannten Ballade über den Ritter Toggenburg schilderte.
Natürlich hegten nicht alle Zuneigung für Prešeren. Der führende slowenische Sprachwissenschaftler Jernej Kopitar, der sich in der weiten Welt als Patriarch der Slawistik feiern ließ, war mit seinen Versen äußerst unzufrieden. Die Poesie seiner Landsleute, die sich europäischen Strömungen wie der Romantik anschloss, schätzte er nicht; er meinte, dass man die eigene Literatur auf der Grundlage der Volkstradition entwickeln sollte. Deshalb behinderte er als Zensor Prešerens Wirken, und der Dichter wiederum wies ihn mit einer Reihe drastisch kritischer und schelmischer Verse auf Deutsch und Slowenisch zurück.
Kopitars Opponieren schadete Prešerens Ruf nicht; im Gegenteil: Der Tod des Dichters machte viele traurig. Einer der zentralen deutsch-österreichischen Poeten der Vormärzzeit, Anastasius Grün, mit dem Prešeren seit jungen Jahren befreundet war, widmete ihm 1849 einen Nachruf, den er jedoch zu den damaligen Zeiten, als die Impulse der Revolution versiegten, lange nirgendwo veröffentlichen konnte.