Romantik-Ausstellung

Die Sammlung der Volksmährchen besteht aus drei Bänden. Sie stammt von dem Autor Ludwig Tieck, der hier jedoch unter dem Namen Peter Leberecht schreibt. Mit dem Titel will er den Eindruck erwecken, die Texte seien mündlich überliefert worden. Tatsächlich aber mischt Tieck hier bekannte Stoffe mit frei erfundenen Geschichten; es handelt sich literaturwissenschaftlich gesehen also um Kunstmärchen. Schon vor der Romantik gab es die Gattung ‚Märchen‘, worunter man lehrhafte Geschichten verstand, die mit übernatürlichen Elementen angereichert waren. Gerade in der Epoche der Aufklärung war die Belehrung eine sehr erwünschte Wirkung von Literatur. Mit dem Namen ‚Leberecht‘ spielt Tieck auf diese Tradition an. Neu ist in der Romantik, Märchen aufgrund ihrer Volkstümlichkeit zu schätzen.

Aus der Volksmährchen-Sammlung Tiecks ist die Geschichte Der blonde Eckbert besonders bekannt geworden. Die Handlung spielt in weiten Teilen im Wald. An meh­reren Stellen taucht der Begriff ‚Waldeinsamkeit‘ auf, in dem ein Natureindruck und eine Gefühlsempfindung klangvoll verschmolzen werden. ‚Waldeinsamkeit‘ wird zur Kurzformel für die märchenhafte Verbundenheit des Menschen mit der Natur. Doch bleibt diese romantische Vorstellung vom Einklang problematisch: Sie lässt sich nur zum Preis eines völligen Rückzugs aus der Gesellschaft erreichen. Im Verlauf der Geschichte gewinnt das Element des Unheimlichen die Oberhand: die Hauptfiguren des Buches enden in einer Verstrickung aus Eifersucht, Inzest und Wahnsinn.

In der Station werden die beiden gegensätzlichen Seiten von Walderfahrung veranschaulicht. Betritt man den Raum, erblickt man an der Wand eine Idylle, dreht man sich allerdings zurück zum Ausgang, bekommt der Wald etwas Unheimliches. Es ist typisch für die Romantik, dass ein Eindruck ‚kippt‘ und damit die Welt plötzlich ganz anders wahrgenommen wird.

Das von Tieck geschaffene Wort ‚Waldeinsamkeit‘ macht Karriere, es findet sich bei Joseph von Eichendorff und Heinrich Heine wieder, oder auch bei dem amerikanischen Autor Ralph Waldo Emerson. Tieck selbst greift es in seiner letzten Novelle 1840 wieder auf und erhebt es zum Titel: Waldeinsamkeit.