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Im Jahr 1508 entstand plötzlich ein neues Genre: Bücher, die die Lebensführung der zeitgenössischen Juden beschrieben, als handle es sich um einen fremden Volksstamm. Während von den Kolonialmächten Kunde über exotische Völker kam, entdeckten die kolonielosen Deutschen eine „fremde“ Ethnie in ihrer Mitte. Zwischen 1508 und 1785 erschienen achtzig Bücher, die das rätselhafte Alltagsleben der Juden „entdeckten“, unter ihnen Johann Buxtorfs ‚Juden-Schul‘ (1603) und Johann J. Schudts Frankfurter Werk ‚Jüdische Merckwürdigkeiten‘ (1714). Aus religiös blinden Hebräern wurde das Faszinosum der Juden.
Im Jahr 2012 wurde ‚Unorthodox‘, Deborah Feldmans Bericht über die Enklave der Satmarer Chassidim ein Publikumserfolg. Warum? Susanne Klingenstein skizziert die unheilvolle Geschichte der Judenbeobachtung, spricht mit Joachim Seng über die einschlägigen Bücher in der Bibliothek von Goethes Vater und lädt ein zum Gespräch.
Dr. Susanne Klingenstein ist Research Fellow am Zentrum für Jüdische Studien.