Die Spätphase der Romantik galt lange Zeit als rückwärtsgewandt und modernefeindlich, vor allem aber als politisch reaktionär. Diese Fehleinschätzung wurde mittlerweile revidiert und hat einer differenzierteren Sicht Platz gemacht. In der Spätromantik begegnen höchst unterschiedliche Einstellungen, die nahezu das gesamte Spektrum politischer Haltungen umfassen und von konservativ-monarchietreuen bis zu demokratisch-liberalen Positionen reichen.
Seit Herbst 1816 tagte im Frankfurter Palais Thurn und Taxis (Eschenheimer Gasse) einmal wöchentlich die sog. Bundesversammlung (auch Bundestag genannt), ein Kongress von Gesandten der Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes. Als nach der Märzrevolution 1848 Forderungen nach parlamentarischer Volksvertretung übermächtig wurden, fanden in den einzelnen deutschen Ländern Wahlen zu einer „constituirenden deutschen Nationalversammlung“ statt, die ebenfalls in Frankfurt zusammenkam – und zwar in der nach dem Apostel Paulus benannten Paulskirche. Zentrale Aufgabe der Nationalversammlung sollte es sein, eine Verfassung für einen noch zu gründenden deutschen Bundesstaat zu entwerfen.
Mit Jacob Grimm und Ludwig Uhland begriffen zwei Vertreter der Romantik diese Gelegenheit als Aufgabe, um an der künftigen deutschen Volksvertretung mitzuwirken. Sie ließen sich in ihren Wahlbezirken als Kandidaten nominieren und wurden schließlich auch als Abgeordnete gewählt. In den Folgemonaten erlebten und gestalteten sie eine der spannendsten Phasen der deutschen Geschichte mit. Auch wenn weder Jacob Grimm noch Ludwig Uhland zu den prägenden Gestalten des Paulskirchenparlaments gehörten und die großen Debatten von anderen Personen geführt wurden, nahmen beide doch erkennbar Anteil an den politischen Willensbildungsprozessen und suchten zumindest punktuell auf einzelne Entscheidungen einzuwirken.
Die Kabinettausstellung im Handschriftenstudio des Deutschen Romantik-Museums setzt sich mit dieser wichtigen und oft übersehenen Facette des Wirkens von Jacob Grimm und Ludwig Uhland auseinander. Ihre Tätigkeit führt eindrücklich vor Augen, dass Romantik und Parlamentarismus keine Gegensätze sind.
Die Ausstellung findet im Rahmen des Paulskirchen-Festivals der Stadt Frankfurt statt und wird von Prof. Dr. Wolfgang Bunzel kuratiert. Zur Ausstellung werden inhaltlich ergänzende Veranstaltungen angeboten.
ERÖFFNUNG: Donnerstag, 11. Mai, 18 Uhr