Gegen Ende seines Lebens, als Achtzigjähriger, veröffentlichte Goethe nach langer Vorbereitung seinen Briefwechsel mit Friedrich Schiller als Vermächtnis an die Nachwelt – knapp 2000 Seiten in sechs schlichten Oktavbänden, die das schriftliche Gespräch der beiden Dichter in den Jahren 1794 – 1805 dokumentieren. Schon einige Jahre zuvor ließ Goethe seinen Vertrauten Eckermann wissen, Schillers Briefe seien „das schönste Andenken“, das er von ihm besitze, „und sie gehören mit zu dem Vortrefflichsten, was er geschrieben. Seinen letzten Brief bewahre ich als Heiligthum unter meinen Schätzen.
Seit der Erstausgabe 1828/29 wurde der Briefwechsel zwischen Goethe und Schiller in unübersehbar vielen Editionen und Ausgaben verbreitet. Der Textbestand ist also bekannt und gehört zu den wichtigsten Zeugnissen der Weimarer Klassik. Die überlieferten Originalbriefe jedoch, auf deren weiteres Schicksal der leidenschaftliche Autographensammler Goethe in seinem Testament besonderen Wert gelegt hatte, bekommen selbst Experten nur selten zu Gesicht, von der interessierten Öffentlichkeit ganz zu schweigen.
Im Jahr 2009 widmete das Goethe- und Schiller-Archiv der Klassik Stiftung Weimar, das den Schatz der Korrespondenz mit etwa 1000 überlieferten Handschriften verwahrt, dem Briefwechsel und seiner Geschichte eine Ausstellung, in deren Zentrum die biographischen und werkgeschichtlichen Zusammenhänge der Briefe standen. Die Frankfurter Ausstellung, die in enger Zusammenarbeit mit den Weimarer Kollegen entstanden ist, knüpft an diese Schau an, betrachtet das Material aber unter einer anderen Perspektive. Diesmal soll es nicht um die Hintergründe der Korrespondenz gehen, sondern um die Korrespondenzstücke selbst, also um die Handschriften, die vor über 200 Jahren vor allem zwischen Weimar und Jena hin- und hergingen.
Die Erkundung des Briefwechsels umfasst elf Abteilungen mit insgesamt 50 Originalbriefen. Die Frankfurter Künstlergruppe Sounds of Silence hat hierfür eine „Schreibstube“ entwickelt, in der die wertvollen Exponate zu sehen sein werden. Unter Glas liegen sie auf Pulten, an die man sich setzen kann, um lesend und schauend am Dialog der beiden Dichterfreunde teilzunehmen
Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen: Zweiheit im Einklang. Der Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe. Von Silke Henke und Alexander Rosenbaum. (Aus dem Goethe- und Schiller-Archiv 1).
Konzept: Konrad Heumann, Bettina Zimmermann
Ausstellungsgestaltung: Sounds of Silence
Grafik: desres
Wandmalerei: Dani Muno
Lesehefte zur Ausstellung zum Download
Die Hefte zur Erkundung des Briefwechsels zwischen Goethe und Schiller sind als Lesehilfe gedacht und verstehen sich nicht als wissenschaftliche Publikation. Sie sollen es dem Besucher erleichtern, die alte deutsche Kurrentschrift zu lesen, die seit ungefähr zwei Generationen kulturgeschichtlich in Vergessenheit geraten ist.
In jedem Heft findet sich zu Anfang eine kurze Einführung in das entsprechende Kapitel der Ausstellung. Jeder ausgestellte Brief ist abgebildet und durch die Transkription des Textes ergänzt, so dass das Lesen der Originalhandschriften schon nach kurzer Zeit der Übung Zeile für Zeile möglich ist.
Leseheft: Der Beginn: Schillers Zeitschrift ‚Die Horen‘
Leseheft: Wohnen bei Goethe
Leseheft: Gemeinsam spotten: ‚Xenien‘ (1)
Leseheft: Gemeinsam spotten: ‚Xenien‘ (2)
Leseheft: Geburt und Tod eines Kindes: Carl von Goethe
Leseheft: Dialog über ‚Wilhelm Meisters Lehrjahre‘ (1)
Leseheft: Dialog über ‚Wilhelm Meisters Lehrjahre‘ (2)
Leseheft: Dialog über ‚Wilhelm Meisters Lehrjahre‘ (3)
Leseheft: Dialog über ‚Wilhelm Meisters Lehrjahre‘ (4)
Leseheft: Zwieback, Steine, Schriftchen: Briefbeigaben
Leseheft: Szenen in der Schreibstube
Leseheft: Astrologie im ‚Wallenstein‘
Leseheft: Wiederaufnahme des ‚Faust‘
Leseheft: Versuch eines Briefwechsels im Briefwechsel
Leseheft: Goethe redigiert den Briefwechsel
Leseheft: Schicksal einer Handschrift