Clemens Brentano

Clemens Brentano stammt aus einem reichen Frankfurter Kaufmannshaus. Peter Anton Brentano di Tremezzo vom Comer See, der die prosperierende Ex- und Importfirma im ‚Haus zum Goldenen Kopf‘ führte, heiratete in zweiter Ehe die Tochter von Sophie von Laroche, Maximiliane.

Clemens ist ihr drittes, 1778 in Ehrenbreitstein bei Koblenz geborenes Kind. 1793 verliert der 15jährige die Mutter, vier Jahre später auch den Vater, doch ermöglicht ihm sein beträchtliches Erbe, auf ein „Brotstudium“ oder Verdienste durch Publikationen zu verzichten, er lebt von den Zinsen seines Vermögens.

Unter dem Einfluss der Schlegel-Tieck-Gruppe beginnt der vermeintliche Medizinstudent in Jena 1798 zu dichten, veröffentlicht um die Jahrhundertwende den zweibändigen Roman ‚Godwi oder das steinerne Bild der Mutter‘ und eine Kotzebue-Satire (‚Gustav Wasa‘), schreibt in rascher Folge im Sinne der Frühromantik eine Philistersatire, ein Drama (‚Ponce de Leon‘) und kleinere Prosastücke. Große Qualität und Resonanz erreicht die integrierte Lyrik wie die erste Loreley-Ballade im ‚Godwi‘.

In Jena lernt Brentano die sieben Jahre ältere Schriftstellerin Sophie Mereau kennen, die er 1803 in Marburg heiratet. Gemeinsam mit Achim von Arnim, mit dem er seit einem Gastsemester in Göttingen (1801) eng befreundet ist, veröffentlicht er 1806 und 1808 unter dem Titel ‚Des Knaben Wunderhorn‘ drei Bände mit romantisierten Volksliedern. Goethes euphorische Rezension des ersten Bandes verhilft der Sammlung zu großer Wirkung. Die deutsche Lyrik des 19. Jahrhunderts wird von romantischen Kunstvolksliedern im Stil populärer Wunderhorn-Lieder dominiert. 

In Kooperation mit Arnim entsteht in Heidelberg 1808 die ‚Zeitung für Einsiedler‘, gemeinsam mit Joseph Görres veröffentlicht Brentano die ‚Geschichte von BOGS dem Uhrmacher‘ (1807). Große Projekte bleiben jedoch unpubliziert liegen. Die ‚Märchen vom Rhein‘ und die ‚Romanzen vom Rosenkranz‘ erscheinen zu seinen Lebzeiten nicht, von den bereits 1805 projektierten ‚italiänischen Kindermärchen‘ (nach Basile) bringt Brentano nur ein einziges zur Druckreife: das erst 1838 isoliert veröffentlichte ‚Gockel-Märchen.

Nachdem Sophie Mereau 1806 bei der Geburt des dritten Kindes gestorben war – keines der gemeinsamen Kinder überlebte die ersten Lebensmonate – schließt Brentano 1807 Hals über Kopf eine Ehe mit der 16jährigen Auguste Bußmann, Mündel und Nichte des Frankfurter Bankiers Moritz von Bethmann. Die Affäre beginnt mit spektakulären Liebes- und Streit-Szenen und endet mit inszenierten Selbstmordversuchen Augustes. Brentano ergreift die Flucht, kann jedoch erst 1812 geschieden werden.

Aufenthalte in Berlin und Prag folgen: Brentano schreibt Kantaten zur Eröffnung der Universität und zum Tode von Königin Luise. Er schreibt ein mythologisch-romantisches Lesedrama ‚Die Gründung Prags‘ und entwirft das Stück ‚Aloys und Imelde‘. Seit dem Sommer 1813 hält er sich in Wien auf, bemüht sich vergeblich um den Posten eines Theaterdichters in der Nachfolge Theodor Körners und entwirft Festspiele zu den Etappensiegen gegen Napoleon. Eine Aufführung seiner ‚Ponce‘-Bearbeitung ‚Valeria oder Vaterlist‘ am Burgtheater misslingt. Brentano geht enttäuscht zurück nach Berlin und beginnt ein Architekturstudium bei Schinkel, das er nach wenigen Wochen abbricht.

In seiner ‚Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl‘ deutet sich eine Wende in seinem Leben an. Er sieht sich als „Schreiber“, der auf weltliche Ehre verzichtet, besinnt sich zurück auf die Religion seiner Kindheit und legt im Sog einer Erweckungsbewegung 1817 in Berlin eine Generalbeichte ab. Zugleich versucht er, die von ihm umworbene protestantische Pfarrerstochter Luise Hensel zur Konversion zu bewegen.

Ab 1818 hält er sich im westfälischen Städtchen Dülmen auf, um als „Pilger“ und „Schreiber“ die Visionen der stigmatisierten ehemaligen Augustinernonne Anna Katharina Emmerick aufzuzeichnen. Bis zu ihrem Tode 1824 widmet er sich der Niederschrift der von ihm selbst evozierten „Gesichte“, die er in vielen Verarbeitungsschritten zur Trilogie ‚Marienleben‘ – ‚Lehrjahre Jesu‘ – ‚Bitteres Leiden‘ verarbeitet. 

Nur der letzte Teil, die Leidensgeschichte, erscheint 1833 anonym und wird als katholisches Erbauungsbuch sehr erfolgreich. Die Druckvorlagen zu den weiteren Bänden werden erst posthum publiziert. 

Von großer Wirkung sind auch ‚Die Barmherzigen Schwestern‘, denn die Ordensgeschichte von 1831 führt zur Einführung eines ähnlichen sozial engagierten Ordens in Bayern.

Seine radikale Abkehr von der weltlichen Literatur nimmt Brentano in seiner letzten Lebensphase in München (ab 1833) wieder zurück. Er beginnt mit der Überarbeitung und Fertigstellung früher Werke und schreibt Liebesgedichte an die Basler Malerin Emilie Linder, der wir das späte Porträt des Dichters verdanken.

Nur das unter Mitwirkung von Emil Ludwig Grimm illustrierte ‚Märchen von Gockel, Hinkel und Gackeleia‘ erscheint 1838, bevor Brentano 1842 bei seinem Bruder Christian in Aschaffenburg stirbt.

Clemens Brentano